Punkrock und Badesee, Hip Hop und Fachwerkhäuser. Seit 30 Jahren gibt es das Open Flair Festival im hessischen Eschwege. „Mit Headliner wäre es ein geiles Festival“ – so der selbstironische Slogan des Open Flairs, der auf vielen Shirts und Beuteln prangt.
Einen richtigen Headliner gab es wirklich nicht, die Highlights sind über die Tage verteilt:
Hippe Londoner Newcomerbands oder Berliner Techno-DJs gibt es dabei eher weniger. Gespielt wird neben Punk und Alternative auch ein bisschen Folk, Ska und Rap. Wer Experimente sucht ist wohl falsch. Dagegen bietet das Open Flair eine solide Mischung aus beliebten deutschsprachigen Acts und gutem, alten Rock – gerne auch mal Bands, die ein erstauntes „Ach die gibt’s noch?“ hervorrufen (etwa der Marke Guano Apes, Seether, H-Blockx).
Abgerundet wird das Ganze dann mit einem Comedy und Kleinkunstprogramm, auch für Kinder.
Ganze vier Tage geht das Open Flair. Während sich am Mittwoch vor allem Newcomer und regionale Bands an der entspannten Seebühne austoben konnten, endete der Abend am Donnerstag mit dem Irish-Pub-Rock der Dropkick Murphys. Publikumslieblinge am Freitag waren K.I.Z, bei deren Show sich Teenager in den Armen lagen und ganz romantisch Du Hurensohn grölten. Politischen Rap gab es dann auf deutlich kleinerer Bühne von der Antilopen Gang. Zum Abschluss lieferten die Beatsteaks eine Show ohne viele Überraschungen, aber dafür mit alten Hits wie Hand in Hand. Überzeugen konnten in der Nacht auch die Retro-Klänge des Geschwistertrios Kitty, Daisy and Lewis – live viel satter und besser als auf Platte.
Samstags sorgten Sondaschule und Donots für Partystimmung. Musikalisch absolut beeindruckend, aber leider wenig besucht war das Konzert von Katzenjammer. Die coole, rein weibliche norwegische Folkpopgruppe tauschte ihre Instrumente (darunter auch Akkordeon und Balalaika) mal eben so untereinander aus und wechselte sich auch mit dem Gesang ab. Wirklich voll wurde es später dafür bei Kraftklub, das Publikum tanzte begeistert und dicht gedrängt im Konfettiregen.
Sonntags wurde dann der Festivalabschluss mit dem sympathischen Farin Urlaub Racing Team gefeiert und als letzter Act betrat Marteria die Bühne, sein Alter-Ego Marsimoto im Gepäck.
Im Gegensatz zu Massenveranstaltungen wie Rock am Ring ist das Open Flair Festival überschaubar und gemütlich. So gibt es auch einen Badesee, der bei Temperaturen von über 30 Grad ein wenig Abkühlung nach dem Moshpit bietet. Schön ist auch die Lage in unmittelbarer Nähe zu der niedlichen Fachwerk-Innenstadt von Eschwege. Es herrscht ein bisschen Volkfeststimmung, denn die Bewohner des Ortes feiern einfach mit. Ebenso kann das Open Flair auf viele Stammgäste zählen. Und auch wenn es nach abgedroschenem Klischee klingt: die familiäre Atmosphäre des Open Flairs macht das Festival einzigartig.
Ina Holev berichtete.