Haldern Pop 2010: Die Kuh macht Muh
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Haldern Pop 2010: Die Kuh macht Muh

von Dennis Witjes. Der schöne Niederrhein ist bekannt für seine satten, grünen Wiesen, für sein plattes weites Land, für Felder, für Kühe – Kühe, dass ist wohl das Stichwort! Wie hatte es dieser Tage auf der Webseite vom WDR Rockpalast geheißen „Wo sitzen Kuh und Rocker noch gemeinsam am Lagerfeuer? Wo kann man in entspannter Atmosphäre frische Landluft tanken und gleichzeitig die heißesten Newcomer der Indie-Szene begutachten? Wo gibt es noch ein Festival, das nicht zur Megaveranstaltung mutiert?“. Die Antwort liegt auf der Hand: Am Niederrhein, wo sonst? Jedes Jahr im August pilgern über 5.000 Menschen nach Haldern am Niederrhein. Auch diesmal waren die Tickets schon frühzeitig vergriffen. Denn das Haldern Pop Festival, dass bereits zum 27. Mal stattfand, ist schon längst kein Geheimtipp mehr.

Haldern, ein kleines Dorf, das zur Stadt Rees gehört, verkörpert mit seiner Landschaft die typischen Attribute des Niederrheins. Auch die Menschen in Haldern sind sehr freundlich, gelassen und hilfsbereit. Denn über 350 ehrenamtliche Helfer, überwiegend aus dem Dorf, machten es überhaupt möglich, so ein Festival reibungslos auf die Beine zu stellen. Auch beim örtlichen Bäcker oder im Supermarkt wird man zuvorkommend behandelt. Hier stört der Festival-Besucher nicht, hier ist er herzlich Willkommen und das merkt man. Das Line Up kann sich sehen lassen, auch wenn der Veranstalter bemüht ist, dass Festival nicht zu groß werden zu lassen. So wurden in diesem Jahr Bands wie The National, Yeasayer, Beirut, Mumford & Sons, Serena Maneesh oder Delphic, um nur einige zu nennen, nach Haldern geholt. Drei Tage lang gab es Live-Musik auf zwei Bühnen, auf der großen „Mainstage“ und in dem kleinen Spiegelzelt. Als Ergänzung wurde in diesem Jahr auch die im Ortskern ansässige Haldern Pop Bar mit in das Festival integriert.

Am Donnerstag war auf dem Festivalgelände zunächst nur das Spiegelzelt für die Zuschauer geöffnet. Leider passen in diesem nur eine begrenzte Anzahl von Menschen hinein, was dazu führte, dass sich vor dem Zelt eine lange Warteschlange gebildet hatte. Besucher berichteten mir von Wartezeiten bis zu 1,5 Stunden. Da musste man für seine Lieblingsband schon mal Opfer bringen. Wer es allerdings ins Zelt schaffte konnte sich die Band Beach House aus Baltimore anschauen und genießen. Trotz einiger anfänglicher Tonprobleme wusste die Band mit ihrer neusten Scheibe „Teen Dream“ im Gepäck live zu überzeugen. Der oft ruhige, verträumte Pop-Sound der Band wurde wohlwollend von der begeisterungsfähigen Masse aufgesogen. Ein kleines Trostpflaster für alle diejenigen, die es nicht ins Zelt schafften, war zumindest eine Leinwand vor dem Zelt. Hier konnten alle Gigs aus dem Zelt begutachtet werden. So auch Stornoway die mit ihrem lockeren Folk-Country-Pop nach Mitternacht die Zuschauer noch einmal aufhorchen ließen. Obendrauf gab es dann auch noch eine Akustik-Zugabe vor dem Zelt, denn alle diejenigen, die es nicht mehr ins Zelt schafften, sollten nicht enttäuscht in ihre Schlafsäcke kriechen. So war es für die meisten noch ein gelungener Einstiegsabend.

Am Freitagnachmittag eröffneten Triggerfinger mit ihrem knarzigen Blues-Rock-Sound das Festival auf der großen Open-Air-Bühne. Auf der so genannten „Mainstage“ wussten die drei Belgier durchaus zu überzeugen und waren somit für viele Besucher die eigentliche Überraschung des Festivals. Beirut hingegen wirkten am Abend auf der großen Bühne eher etwas hilflos. So kam der Sound nur sehr dünn rüber und konnte nur die ersten Reihen begeistern. Viele Zuschauer waren sich einig, Beirut sind in einer geschlossenen Location einfach besser. Aber das Spiegelzelt wäre hier wohl echt zu klein gewesen. Nachdem man sich in den ersten zwei Tagen überwiegend mit vielen Indie-Folk-Pop-Bands  und Ähnlichem herumgeschlagen hatte, wirkte die aus Norwegen stammende Band Serena Maneesh am Abend wie eine Erlösung. Mit einem Mix aus Psychedelic, New Wave und Post-Punk bildeten sie das krasse Gegenprogramm zu dem tagsüber doch oft gleich wirkenden Singer-Songwriter-Pop. Mit langen ineinander-übergehenden Songs fegten sie in einer kurzweiligen Show über die Bühne. Einziges Manko war, dass die meisten Besucher diesen sensationellen Auftritt nicht mehr mitbekamen, da sich die Masse bereits vor dem Auftritt der Skandinavier merklich lichtete. Vielleicht wurde die späte Uhrzeit, es war bereits kurz vor eins, der Band im Nachhinein zum Verhängnis. Nichts desto trotz war hier Energie zu spüren, die auf dem neuen Album „Abyss In B Minor“ bereits zu hören war. Allerdings verzichtete man Live komplett auf die Tracks auf denen eine Frauenstimme zu hören war.

Sehr viel ruhiger aber mit mindestens genau so viel Energie ging es zum Abschluss des Abends noch einmal ins Spiegelzelt wo José González mit seiner Band Junip ein wunderschönes Konzert spielte. Um drei Uhr in der Früh spielten die Schweden einen lockeren akustischen Sound bei dem sie ihre Songs vom dem im September erscheinenden Album mit einer enormen Durchschlagskraft in einer angemessenen Lautstärke präsentierten.

The National hatten Samstagnacht als absoluter Headliner einen etwas schwächeren Tag erwischt. Die arrogant wirkenden US-Boys, die mit ihrem neusten Werk „High Violet“ erst kürzlich ein weniger starkes Werk veröffentlicht haben, waren während des gesamten Konzertes damit beschäftigt, den Tontechnikern Anweisungen über die Lautstärke der Monitorboxen zu geben. Der absolute Tiefpunkt war allerdings der Ausfall des Bassverstärkers, was einige Bandmitglieder in totale Hysterie ausbrechen ließ. Wer dann noch zuhören mochte, konnte feststellen, wie saft- und kraftlos The National doch wirken können. Songs wie „Fake Empire“ oder „Anyone’s Ghost“ wurden herzlos vorgetragen. Wenn man sich was hätte sparen können, dann auf jeden Fall diesen beschämenden Auftritt dieser maßlos überschätzten Band.

Kurz zuvor im Spiegelzelt wusste Entertainer Dan Deacon wie man eine Masse zum kochen bringt. Mit seinen scheppernden Elektrosounds verwandelte er dabei das Spiegelzelt zum ersten Mal an diesem Wochenende in eine richtige Tanzfläche. Fast niemand stand still. Zum Ende der Nacht wurde es dann aber wieder etwas ruhiger. Mit „The Whale Watching Tour“ hinter denen Musiker des isländischen Labels Bedroom Comunity stecken, wurde der Abend mit einem Mix aus düsterem Ambient, Folk, noisigem Post-Rock sowie klassischen und elektronischen Elementen zu Ende gebracht. Damit war das 27. Haldern Pop Festival beendet.

Wenn ihr mehr über das Haldern-Pop-Festival erfahren wollt, dann könnt ihr unter www.haldern-pop.de weitere Informationen finden.

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